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Freiwillige Feuerwehr
Der ganz normale Wahnsinn - Ohne Feuerwehr fehlt uns was ... eine Seite zurück

Zuerst ein fiktives Ereignis. Freitag der 12. August 18.03 Uhr. Auf der Autobahn A999 kommt ein PKW zwischen den Anschlußstellen Anfang und Ende ins schleudern, gerät in die Leitplanke und wird dort von einem nachfolgenden LKW erfaßt. Der PKW wird zwischen dem Auflieger und der Leitplanke eingeklemmt. Nachfolgende Autofahrer halten an und eilen zur Unglücksstelle. Es können zwei Personen im PKW ausgemacht werden. Die Ersthelfer können aber nicht an die leblosen, eingeschlossenen Personen im stark zerstörten PKW heran kommen. Der LKW-Fahrer hat nach erstem Augenschein einen Schock erlitten ist sonst aber unverletzt. Er wird durch zwei Autofahrer im Seitenraum der Autobahn in die Schocklage gebracht.

18.05 Uhr über die Notrufnummer 110 erfährt die Polizei von dem Unfall auf der Autobahn. Der Anrufer redet von mehreren Verletzten oder sogar Toten die im Fahrzeug eingeklemmt sind. 18.06 Uhr über eine Telefonstandleitung informiert die Polizei die Feuerwehreinsatzleistelle (FEL). Noch in der gleichen Minute wird für die für diesen Streckenabschnitt zuständige Feuerwehr Alarm ausgelöst. Ebenfalls wird von der Feuerwehreinsatzleitstelle der Notarzt und zwei zur Zeit zur Verfügung stehende Rettungstransportwagen alarmiert.
Immer noch 18.06 Uhr. Herbert G. mäht gerade seinen Rasen als sein Pieper mit einem durchdringenden Ton zu lärmen anfängt. Mitten in der Spur stellt er seinen Rasenmäher ab, spurtet zum Haus, ruft seiner Frau im vorbeilaufen zu:“ Ich muß los. Es ist etwas passiert“, schnappt sich sein Fahrrad um damit die 350 Meter bis zum Feuerwehrhaus zurückzulegen. - Hannes J., Selbständiger Malermeister, sitz über seine Buchführung, sie muß Morgen zum Termin mit dem Steuerberater fertig sein. Er wird ebenfalls durch das Getöse seines Piepers aus seinen Gedanken gerissen. Auch er macht sich auf den Weg zum Feuerwehrhaus. Sein PC wird sich für mehr als drei Stunden nur mit dem Bildschirmschoner beschäftigen müssen. - Joachim K. wendet gerade die Steaks auf dem Grill. Es soll ein gemütlicher Abend werden. Ein alter Freund, den er lange nicht gesehen hat, ist mit seiner Frau zu Besuch. Feuerwehreinsatz 1. Perspektive
Schon seit Wochen haben sie sich auf diesen Abend gefreut, es gibt viel zu erzählen. Der Alarmton aus seinem Pieper macht ihm allerdings schlagartig klar, daß keines dieser Steaks den Weg in seinen Magen finden wird. Er drückt seinen alten Freund das Grillbesteck in die Hand und sagt noch: „Die sind gleich fertig. Bis später“. – Michael M., Verkäufer in einer Eisenwarenhandlung, bedient gerade einen Kunden. Weniger als 10 Minuten, dann ist endlich Feierabend. Er wird dann nach Hause fahren, sich frisch machen und mit seiner Freundin zu einem Konzert fahren. Die Karten hatten sie sich schon vor Monaten besorgt. Der Kunde schaut im ersten Moment ein wenig irritiert als der Pieper von Michael sich meldet, weiß dann aber scheinbar diese ungewohnten Töne einzuordnen. Michael M. entschuldigt sich bei dem Kunden und bittet einen Kollegen hier mit der Bedienung weiter zu machen. Ebenfalls möchte der Kollege doch seine Freundin Nadin über den Alarm benachrichtigen. So wie diesen Männern geht es weiteren 13 Kameraden. Jeder hatte an diesem schönen sonnigen Freitag Abend andere Vorhaben geplant.

18.08 Uhr. Herbert G. erreicht das Feuerwehrhaus. Das große Rolltor ist bereits geöffnet. In einem Fahrzeug sitz bereits sein Kamerad Peter S., er wohnt nur zwei Häuser weiter. Er hat über Funk Verbindung mit der FEL aufgenommen und bekommt gerade mit dem Einsatzbefehl eine erste Lagemeldung. Peter S. hatte seinem 7 jährigen Sohn versprochen heute mit ihm gemeinsam das neue Modellflugzeug auf dem nahen Sportplatz auszuprobieren. Sie Beide achten sehr darauf, daß gegebene Versprechen auch eingehalten werden. In diesem Fall weiß der Kleine aber das es sich nicht um den Bruch eines Versprechens handelt, als sein Papa plötzlich fort muß. Der Parkplatz am Feuerwehrhaus füllt sich und immer mehr Feuerwehrmänner laufen zu ihren Haken mit der Einsatzbekleidung. Hosen werden übergestreift, Stiefel angezogen, die Jacke wird auf dem Weg zum Fahrzeug übergezogen, der Helm hat bereits seinen Platz auf dem Kopf gefunden. Das erste Fahrzeug wird gestartet. Alle Tore vor den Fahrzeugen sind nun geöffnet, die letzten Türen werden zugeschlagen, Blaulichter gehen an und das Einsatzleitfahrzeug setzt sich als erstes in Bewegung. Martinshörner zerreißen die Stille. Es ist nun 18.10 Uhr.

Auf der Autobahn ist das erste Streifenfahrzeug der Polizei eingetroffen. Der Verkehr ist auf dieser Fahrspur vollkommen zum erliegen gekommen. Auf der Gegenfahrbahn wird er nun merklich langsamer. Eine Frage der Zeit, wann sich auch dort ein Stau gebildet haben wird. Da keine Autos die Unfallstelle passieren können entschließt sich die Polizei die Rettungskräfte über die nahe Ausfahrt, sozusagen aus der falschen Richtung, an die Unfallstelle heran zu lotsen. Dadurch wird viel wertvolle Zeit gespart. Die FEL koordiniert den Einsatz zwischen Polizei und Rettungskräfte. Sie teilt sowohl der Feuerwehr wie auch Notarzt und RTW die Entscheidung der Polizei mit. Die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr erreichen kurz nach den Rettungsfahrzeugen die Autobahn. Für die Fahrer bedeutet dieser Wegabschnitt höchste Konzentration, denn wenn doch noch ein Auto von vorne kommen sollte, kann schlimmes passieren.
Feuerwehreinsatz 2. Perspektive
Es ist 18.13 als die Feuerwehr den Unfallort erreicht. 10 Minuten nach dem Unfall – 7 Minuten nach der Alarmierung. Bei den Männern ist in dieser kurzen Zeit eine merkwürdige Wandlung vorgegangen. Sie bereiten sich innerlich auf die nun folgenden Aufgaben vor. Michael M. hätte immer noch kein Feierabend gehabt, Joachim K. hätte vielleicht gerade den ersten Bissen seines Steaks genossen, aber das alles scheint weit zurück zuliegen und ist im Moment auch nicht wichtig.

Der Einsatzleiter wechselt einige Worte mit den Polizisten und dem Notarzt. Es muß zuerst eine Rettungsöffnung geschaffen werden um dem Notarzt einen Zugang zu den Verunglückten zu ermöglichen. Die Rettungssanitäter kümmern sich zwischenzeitlich um den LKW-Fahrer. Kurz und knapp sind die Befehle des Einsatzleiters an seine Kameraden. Das Team ist eingespielt und jeder weiß was seine Aufgabe ist. Hier arbeiten nun „Profis“ und nicht wie man vielleicht glauben könnte ein wild zusammen gewürfelter Haufen. Hier arbeiten Männer, der Eine Bankkaufmann, der Andere Schlosser, Verkäufer, Programmierer, Maler, Landwirt, und und und, gemeinsam an einer Aufgabe die mit ihrem eigentlichen Beruf nicht zu tun hat – und das freiwillig.

18.18 Uhr die Rettungsöffnung ist für den Notarzt geschaffen worden. Er kann zu den Verletzten vordringen. Die Verletzungen sind zwar bei beiden eingeklemmten Personen schwer, aber zur Zeit nicht lebensbedrohlich.
18.30 Uhr. Notarzt und Rettungssanitäter haben die Vitalfunktionen der Verunglückten stabilisieren können. Nun ist wieder die Feuerwehr an der Reihe. Es gilt die Verletzten aus dem Fahrzeug zu befreien, und zwar möglichst schonend. Die Feuerwehr geht nun mit dem Rettungsgerät vor. Der Geräteeinsatz wurde in der Zwischenzeit vorbereitet. Es gilt das Fahrzeug soweit zu deformieren, daß die beiden Personen aus dem PKW, oder dem was noch davon übrig ist, gerettet werden können.
18.55 Uhr. Die Fahrerseite ist soweit aufgebogen, daß der Fahrer aus dem Fahrzeug herausgeholt werden kann. Die Rettungssanitäter sind nun für seine weitere Behandlung verantwortlich. Die Rettung des Beifahrers gestaltet sich als schwieriger. Hier müssen zuerst Teile der Leitplanke demontiert werden. Der Fußraum ist auf dieser Fahrzeugseite stark gestaucht und die Füße des Beifahrers sind darin eingeklemmt. Er muß höllische Schmerzen haben. Sein Zustand verschlechtert sich. Notarzt und Rettungssanitäter vorsorgen ihn.
19.28 Uhr. Ein schweres Stück Arbeit liegt hinter den Feuerwehrmännern. Aber der Verletzte kann nun aus dem PKW befreit werden und wird im Rettungswagen abtransportiert. Die Feuerwehrmänner verlasten ihre Geräte wieder auf die Einsatzfahrzeuge und helfen die Unfallstelle aufzuräumen. Den Rest übernehmen Professionelle Bergungs- und Abschleppunternehmen in Zusammenarbeit mit der Autobahnmeisterei. In 1 ½ Stunden wird die Polizei die Fahrtrichtung wieder für den Verkehr freigeben. In einer weiteren Stunde wird der entstandene Stau sich aufgelöst haben. An der Unglücksfälle werden nur noch einige Warnbarken im Bereich der zerstörten Leitplanke an den Unfall erinnern. Der Bericht über diesen Unfall in der Tageszeitung, wird am folgenden Tag den Einsatz der Feuerwehr in einem Satz erwähnen. – „Die beiden schwerverletzten Pkw-Insassen wurden durch die Feuerwehr aus ihren total zerstörten Fahrzeug befreit“. Der Bericht selbst wird eine halbe Zeitungsseite einnehmen. Von den Geretteten sind der Feuerwehr weder Namen noch Anschriften bekannt. Sie werden nie wieder etwas von ihnen hören, kein Dankeschön keine Anerkennung – die Feuerwehren sind es gewohnt und erwarten auch nicht anderes. Solch ein Einsatz ist SELBSTVERSTÄNDLICH. 19.45 Uhr. Die Fahrzeuge der Feuerwehr sind zur Abfahrt bereit. Über Funk wird der Rückmarsch der FEL mitgeteilt.

19.50. Uhr. Alle Fahrzeuge stehen wieder in der Box. Die Besatzungen bereiten sie für den nächsten Einsatz vor. Einsatzjacken, Hosen, Helm und Stiefel werden wieder an ihren angestammten Platz gebracht. Eben noch waren diese Männer eine einheitliche Mannschaft – jetzt sind sie wieder Individuen – ein bunter Haufen. Nach einer kurzen Nachbesprechung wird der Parkplatz am Feuerwehrhaus wieder leer sein. Die Tore sind geschlossen. Es kehrt wieder Ruhe ein. Die Feuerwehrmänner sind wieder „Zivilisten“ und gehen anderen Tätigkeiten nach. Michael M. wird gemeinsam mit seiner Freundin den Anfang des Konzertes verpaßt haben. Peter S. wird sein neues Modellflugzeug Morgen gemeinsam mit seinem Sohn testen. Joachim K. wird sein Steak bekommen und der Abend mit seinem alten Bekannten wird noch urgemütlich werden. Das normale Leben hat sie wieder. Aber keiner von ihnen wird das Gefühl haben, die letzten 2 Stunden sinnlos verpulvert zu haben. Im Gegenteil. Alle haben das gute Gefühl Menschen in einer Notsituation geholfen zu haben. Sie erwarten keinen Dank dafür, vielleicht erwarten sie ein wenig Anerkennung von denen, die die Feuerwehr nur als biertrinkenden Männerverein sehen. Aber das wird wohl so schnell nicht geschehen – die Feuerwehr hat gelernt damit zu leben.

Hier endet nun unsere fiktive Geschichte. Sie ist frei erfunden, hätte sich aber so zugetragen haben können. Sie wird sich sicherlich, wenn auch mit anderen Rollen und leicht abgewandelt, hunderte Male im Laufe eines Jahres zutragen. Vielen Mitbürgern ist es nicht bewußt, das mehr als 95% aller Autobahnkilometer in den Rettungsbereich von Freiwilligen Feuerwehren fallen. Wenn sie auf einer Autobahn verunglücken sollten, was wir nicht hoffen, ist die Chance von einer Berufsfeuerwehr gerettet zu werden sehr gering. Auf Bundes- und Landstrasse ist diese Chance noch sehr viel kleiner. Der Verunglückte legt ohne es zu wissen sein Schicksal in die Hände eines Maurers und eines Elektrikers! Oder ist diese Betrachtungsweise falsch? – Richtiger ist: Sein Schicksal liegt in den Händen von Feuerwehrmännern und –frauen. Er vertraut darauf, daß sie ihr Handwerk verstehen, auch wenn sie es NUR FREIWILLIG machen.

Wir, die Freiwilligen Feuerwehren, bringen einen beträchtlichen Teil unserer Freizeit für die Ausbildung auf, damit wir Innotgeratenen helfen können. Wir tun es gerne und ohne zu klagen oder etwas zu fordern. Aber dafür sollte uns ein Minimum an Anerkennung für unsere Arbeit in unserer Bevölkerung gewiss sein.